CSB on Tour
CSB on Tour

CSB on Tour

Ich habe die Arschkarte gezogen, wie üblich. Oder vielleicht auch nicht? Denn während andere auf ihren Mopeds sitzen, hocke ich in der Dose…. Aber ich fange mal lieber am Anfang der ganzen Geschichte an.

Die grandiose Idee mit ein paar Kumpels zu einer zünftigen Motorradtour aufzubrechen stellt ja nun wirklich keinen bahnbrechenden Einfall dar, allerdings hat der Horst Edler aus Leiferde eine ganz besondere Vision. Kann man mit teils über 40 Jahre alten Motorrädern eine richtige große Urlaubsrunde drehen? Halten die alten Kisten so eine Strapaze aus? Bedenkt man die Laufleistung der einzelnen Maschinen und was möglicherweise alles bei den Vorbesitzern so angefallen ist (was wir natürlich nie genau wissen), kann so ein Plan auch schnell mal nach hinten losgehen… Verbinden wir also das Ganze mit einem lockeren Klassik-Motorrad-Test über 2.500 Kilometer und sehen was dabei herauskommt.

Der Typ mit der Arschkarte bin also ich. Hagen Pietsch, Baujahr 1971, Motorradjournalist und der “Jungspund” der Truppe, denn als die ersten Exemplare unserer Testmotorräder auf dem Markt erscheinen, spiele ich noch fröhlich mit Matchbox & Co.. Ich gehöre wohl eher zur Generation “R”. GSX-R, FZR, ZXR – das waren die Bikes meiner schlaflosen Nächte. Dieses Mal bin ich allerdings nicht, wie gewohnt, auf zwei Rädern unterwegs, sondern begleite die 4 Männer vierrädrig, anstatt mit meiner MT-01, auf ihrer Urlaubstour. 

Der ursprüngliche Plan unterscheidet sich, zumindest was die Auswahl der Maschinen angeht, von dem, was wir schlussendlich durchführen konnten. Allerdings kommt es ja immer völlig anders, als man denkt. Aufgrund von privaten Gründen wird der Dieter samt seiner wunderschönen 6 Zylinder CBX durch eine, nicht minder schöne  BOL D´OR und dem “Aushilfsfahrer” Axel ersetzt. Familiäre Angelegenheiten haben natürlich erste Priorität. Alles andere hätten wir allerdings auch nicht akzeptiert. An dieser Stelle: alles Gute Dieter.

Also stelle ich Euch nun die Protagonisten und die dazugehörigen Super Bikes vor:

Da hätten wir zum einen eine klassisch schöne Yamaha XS 1100, eine berühmt, berüchtigte Kawasaki Z 1100, eine seltene Suzuki GSX 1100 und die legendäre 900er Bolle, oder auch Honda CB900F BOL D´OR genannt. Die Motorräder befinden sich in einem außergewöhnlich guten Zustand, kein Wunder, werden sie doch aus dem umfangreichen Fundus des Classic-Superbike-Museums von Horst Edler himself zur Verfügung gestellt und entsprechend vorbereitet. Selbstverständlich gehört zu solch einer Vorbereitung nicht “nur” die optische Seite, sondern in erster Linie eine funktionierende Technik! Ersteres ist noch relativ “einfach” zu erledigen – beim zweiten Punkt sollte man sich allerdings schon ein wenig auskennen, oder sich gleich professionelle Hilfe suchen (Statement Horst “Hier spricht der Chef” und “Lack”)

Gefahren werden die Maschinen von sogenannten “alten Hasen”, die da wären: Horst, Siggi, Hans und der “Austausch-Dieter” Axel. 


Und ich? Ich mache den Lumpensammler! Ich bin die Dosenwurst, die im Auto hinterher oder vorneweg fährt und Werkzeug, Öl, Klamotten und natürlich die Knipsmaschinen im Kofferraum verstaut hat. Denn da man nie wirklich vorhersagen kann, was mit so alten Mopeten auf einer großen Tour passiert, fahre ich lieber eine halbe Werkstatt spazieren… man weiß ja nie. Um es vorweg zu nehmen: das hätte ich mir auch sparen können. 

Abfahrt! Die drei lustigen Vier und der Lumpensammler …

Eines (nicht ganz so) schönen Tages, Anfang Juni treffen wir uns also alle, um mit dem ausgiebigen Test, ähhhm unserer Urlaubstour, zu beginnen. Entgegen der Annahme, dass der Juni mit Sonne und angenehmen Temperaturen glänzt, glänzt höchstens der Asphalt im Regen… Na dann wird der Test wenigstens authentisch und wir beginnen mit der Übung zum Freischwimmer. 500 Kilometer mit viel, wenig, ein bisschen und “heilige Scheiße, was ist das denn” Regen begleiten uns bis zum ersten Zwischenziel im bayerisch-fränkischen Teil Deutschlands, dem Steigerwald. Im gleichnamigen Hotel finden die 4 nassen Kerle und die Dosenwurst ihre erste Bleibe. Bei einem zünftigen und guten Abendbrot wird über die nautischen Eigenschaften der Reiteisen diskutiert. Der Meinungsaustausch verläuft allerdings reichlich unspektakulär. Keine der Maschinen hatte mit den unwetterartigen Regenfällen irgendwelche Probleme. Keinerlei Zicken oder gar Ausfälle, weder elektrisch noch mechanisch, sind bisher zu verzeichnen. Die modernen Reifenpaarungen tun ihr übriges und somit ist die Laune unserer Testfahrer auch besser als erwartet. Horst hadert zwar mit seinem Navi, hat allerdings die Lacher auf seiner Seite. Dreimal freiwillig durch den Monsun, wer macht das schon? Hin, oh falsch, zurück, ähm neee – doch richtig…. Kann man machen, muss man aber nicht. Kleiner Tipp am Rande: Beim programmieren sollte man schon aufpassen wohin man die Wegpunkte legt, nämlich auf und nicht neben die Strasse….denn sonst betet das Navi den wohl meistgehassten Spruch auf, der da lautet: Wenn möglich bitte wenden!

Nach einem erholsamen Schlaf in schönen Zimmern, dem obligatorischen (und schmackhaften) Frühstück wird die nächste Testetappe in Angriff genommen. Vorher einigt man sich über die Verteilung der Bikes, es folgt der unumgängliche Motorrad Check (Luft, Öl, Beleuchtung … ) und ein Gruppenbild vorm Nacht Quartier darf natürlich auch nicht fehlen.

Das Landhotel Steigerwaldhaus

Bis auf die Regenkombis und diverse Kleinigkeiten, der Rest landet in der Dose, fahren die Jungs heute ohne großes Gepäck. Dunkle Wolken ziehen über den Himmel, der Wetterbericht verspricht allerdings Wetterbesserung. Nachdem die Klangkulisse der 16 Zylinder verstummt und die restlichen Utensilien im Begleitfahrzeug verstaut sind, mache ich mich schlussendlich auch auf den Weg zum Ziel im Bayerischen Wald. Während ich also über die BAB cruise, ich soll alles für die Ankunft vorbereiten, machen mir die riesigen Gewitterzellen rechts und links der Strecke einige Sorgen. Mittlerweile scheint zwar die Sonne, das Thermometer zeigt 32°C an, aber der Wettermann im Radio berichtet von Schlammlawinen, welche gestern im südlichen Thüringen und in Franken Ortschaften verwüstet haben (ja, genau da sind die Jungs durch gefahren!) und von der erneut drohenden Unwettergefahr. Während ich mir also Gedanken mache, immer mit Blick aufs Handy (es könnte ja ein Notruf eingehen), nähere ich mich unserem Ziel. Die Sonne scheint immer noch, als ich im MoHo Landhotel Neuhof (Nähe Zenting), mitten im Bayerischen Wald eintreffe. Augenscheinlich ist gerade ein Gewitter durchgezogen, die Straßen und Wälder dampfen noch vor Feuchtigkeit. Das Gepäck räume ich nach dem Check-in in die Zimmer, mache die Kamera bereit und schau etwas bestürzt auf mein Handy – Kein Empfang!!! Verdammt, das ist eher kontraproduktiv … also mache ich mich mit Kameraausrüstung bepackt, auf Schusters Rappen, auf die Suche nach dem Empfang von Telefonsignalen und der Reisegruppe. Kurze Zeit später werde ich gleich dreimal fündig. Zuerst ist der Handyempfang wieder da, danach entdecke ich einen brauchbaren Fotospot und dann fährt mir auch noch ein Bayerischer Jüngling mit seiner “Zwiebacksäge” vor die Linse. Passenderweise erklärt sich besagter Nachwuchsbiker bereit, die Straße noch ein paar Mal auf und ab zu fahren. So finde ich fix die passenden Kameraeinstellungen und der Bursche bekommt ein paar Bilder für seinen Instagramaccount. Win Win nennt man das wohl im Neusprecch?

Kurze Zeit später ertönt von Ferne feinster japanischer Metal und schon brettern mir die Mitglieder der Reisegruppe direkt vor die Linse. Volltreffer! Perfektes Timing gehört halt dazu. Glücklicherweise erbarmt sich Siggi und holt mich anschließend samt Fotokram aus dem Wald ab. Eintrag ins Testtagebuch: der Soziusplatz der Kawa fühlt sich ausgezeichnet an!

Oh toll – ich bin auch mal auf einem Foto!

Big Bikes beim Ballern
Entgegen meiner Befürchtungen, hinsichtlich der massiven Gewitterzellen, sind die Männer trocken durchgekommen. Wobei sich der Umstand, dass sich ein schweres Unwetter direkt auf der Reiseroute aufbaute, positiv auf den Motorradtest ausgewirkt hat. Kurzerhand beschließen unsere Testfahrer nämlich, heute nicht durch das Gewitter hindurch zu fahren (die hatten wohl von gestern noch genug), sondern sie entscheiden sich dafür, das Regengebiet auf schnellstem Wege zu umfahren. Das kann man durchaus wörtlich nehmen, was dann folgt, ist der ultimative Hochgeschwindigkeitstest auf der BAB. Damals wie heute gehört eine zünftige Autobahnheizerei einfach dazu, oder nicht? Ohne Fehl und Tadel verhalten sich die Big Bikes bei den hohen Geschwindigkeiten. Keine störenden Einflüsse, wie mutwillige Lenkimpulse oder Wirbelschleppen vorausfahrender Fahrzeuge, bringen die großen Maschinen aus der Ruhe. Was früher als die Tat eines Wahnsinnigen abgestempelt wurde – also bei zweihundert Sachen beherzt in die Lenkstange zu drücken, entpuppt sich heutzutage als eher harmloses Unterfangen. Natürlich wirkt sich die sportliche Sitzposition auf der BOL D´OR anders aus, als beispielsweise auf der eher tourentauglichen Kawa, der Fahr-Sicherheit, auch bei langgezogenen Autobahnkurven, tut das Ganze jedenfalls keinen Abbruch. Das sich die “Unkenrufe” nicht bestätigt haben, liegt sicherlich an den hervorragend gewarteten Maschinen und auch die modernen Gummis tragen einen nicht unerheblichen Teil dazu bei, sich auf den Maschinen sicher zu fühlen. Trotzdem, auf so einem “Alteisen” mit über 200 Sachen über die Bahn zu brettern (und dann auch noch Faxen zu machen) liegt sicherlich nicht jedem Zeitgenossen, man kann es (mittlerweile) allerdings auch bedenkenlos tun. Ein weiterer Punkt auf der Liste abgehakt.

Die Autobahnballerei findet recht bald ein Ende, das Gewitter ist glücklich umschifft und unsere Recken zieht es wieder auf die letzten Landstraßenkilometer, wo sie mir schlussendlich dann auch vor die Linse fahren.

Fotospots mitten im Nirgendwo

Der nächste Tag bringt strahlend blauen Himmel und angenehme Temperaturen. Während ich meine Arschkarte hochhalte und mich mit der Dose auf Fotospotsuche mache, tun die Jungs das, wofür sie da sind: Motorradfahren! Heute steht ein ausgiebiger Landstraßentest auf dem Programm. Wie üblich werden die Schlüssel der 4 Kandidaten zur Testbikeverlosung in einen Helm geworfen. Wer zweimal nacheinander dasselbe Motorrad zieht, darf natürlich nochmal.

Lange muss ich im Bayerischen Wald allerdings nicht “suchen” – die schönsten Motive finden sich an jeder Ecke. Einfach von den Hauptstrassen abbiegen und schon ist es da – das Motorrad-Urlaubs-Feeling. Wie “schön” das ich im Auto sitze… Vergessen wir das.
Am Mittag ziehen derweil unheilvolle Wolkenberge heran und ich muss an die Jungs denken. Noch scheint die Sonne, aber lange wird das wohl nicht mehr gutgehen. Fotospots hab ich genug gesammelt und gespeichert, also mache ich mich auf den Rückweg zu unserer Homebase. Im Schatten der alten Kastanie mache ich es mir bequem und fange an zu schreiben und Fotos zu sichten. Im Laufe des späten Nachmittags tauchen dann auch die Testfahrer, mit dunklen Wolken im Schlepptau, wieder auf. Gewittertürme ringsherum, hoffentlich wird das noch besser…
Die Männer sind jedoch bestens gelaunt, haben diese doch eine ganze Menge zu erzählen. Vom Kurvenverhalten über Bremsleistung bis hin zur Motorcharakteristik wird ausgiebig gefachsimpelt und jeder der Testfahrer ist schon auf das nächste Motorrad am nächsten Urlaubstag gespannt. 

Der darauffolgende Tag beginnt, nach dem obligatorischen Frühstück, mit Pflege und Wartung. Ölstand wird gemessen, gegebenenfalls ein Schlückchen nachgefüllt, Schrauben und (wenn vorhanden) die Ketten kontrolliert und gefettet. Natürlich sollen die Schönheiten beim heutigen Shooting richtig glänzen, also ist putzen angesagt!
Wir machen uns auf den Weg und der Vormittag vergeht wie im Flug. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn heute wird auch das neue Fluggerät zum ersten Mal zum Einsatz kommen – Luftaufnahmen mit der Drohne stehen nämlich ebenso auf dem Programm wie die “ganz normalen” bodengebundenen Fotografien. Während ich mich also durch Brennnesseln und Insektenschwärme am Wegesrand kämpfe, um die “richtige” Perspektive zu finden, fahren die Jungs auf ihren Maschinen geduldig auf und ab. Bei den hochsommerlichen Temperaturen kommen wir alle, bis auf die Motorräder, schnell in Schwitzen. Temperaturen über 30 Grad im Schatten, glühender Asphalt und Stop and Go – auch hier gibt es kein Problem mit den Motorrädern. Keine Gasblasen im Vergaser, kein Ruckeln oder sonstige Ausfallerscheinungen trüben unser Fotoshooting. Die Luft ist zum Schneiden, glücklicherweise haben wir recht schnell die Aufnahmen im Kasten und so wechseln wir zum nächsten Standort. Auf dem Weg dorthin erblicken wir eine riesige Wolkenfront, die, laut Wetterradar, direkt auf uns zukommt… und uns in 15 bis 20 Minuten erreichen wird. Also fix die Fotos schießen und dann nix wie los! Ich quetsche das Begleitfahrzeug richtig aus, um den Jungs nicht im Weg herum zu stehen, mit wimmernden Reifen geht es durch die kurvenreiche Landschaft. Wir fahren gut 5 Minuten vor der Gewitterfront her und schaffen es rechtzeitig zum rettenden Hotel. Es bleibt sogar noch Zeit für ein entsprechendes “Siegerbild”


Das Fazit der wilden Hatz über das motorradfreundliche Landstraßengeläuf: Die Bigbikes gehen erstaunlich leichtfüßig ums Eck. Angesichts der über 40 Jahre, die manche Maschine auf dem Buckel hat schon mal nicht verkehrt. Natürlich offenbaren sich im direkten Vergleich einige Unterschiede, die Berichte der Tester sprechen da Bände und auch ich werde mich dazu noch äußern…
Mit einem mächtigen Krawumms verabschiedet sich der Tag, wir haben fast alles im Kasten für die Reportage. Lediglich die einzelnen Fahrbilder und die Portraits fehlen noch … aber wir haben ja noch drei Tage Zeit. Am Abend wird, wie üblich, gefachsimpelt und peu à peu offenbaren sich die Vorlieben der einzelnen Testpiloten. Da jeder der Vier imstande ist, einen direkten Vergleich anzustellen, kommen auch recht schnell Vor- und Nachteile der Japanerinnen ans Licht. Während Axel von der sportlichen Honda schwärmt, hält Horst mit der ausgewogenen Suzuki dagegen, Hans ist von der problemlosen Yamaha angetan und Siggi schwärmt vom bärenstarken Kawamotor. Ich bin schon auf die morgigen Eindrücke gespannt – wenn es wieder heißt: Maschinchen wechsle Dich.

Der neue Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein und ebenso strahlenden Gesichtern unserer Testfahrer. Dass sich das im Laufe des Tages dramatisch ändern wird und sogar ein Testabbruch im Raum steht, kann jetzt noch keiner wissen. Nachdem die Motorräder verlost wurden und jeder seinen Platz eingenommen hat, wird zum zweiten Landstraßen- und Eisdielentest geblasen! Welche der Maschinen macht wohl vor dem Café oder am Motorradtreff die beste Figur? Gibt es einen Gewinner in der Kategorie “Schönstes Alteisen”? Was werden die Testfahrer von den jeweils anderen Maschinen berichten können? Gespannt auf die heutigen Eindrücke gönne ich mir eine Wanderung durch die wundervolle Natur und staune über deren Gesundheit. Hier scheint der “Urwald” noch in Ordnung zu sein, ganz im Gegensatz zum heimischen Harz, der seit Jahren vom Borkenkäfer heimgesucht wird. Während ich mich also durchs Unterholz schlage und die Natur genieße, kommt es bei der Urlaubstour beinahe zu einer Katastrophe! 

Als unser Quartett die Tschechische Grenze erreicht hat, um einige Fotos zu knipsen und eine kleine Pause einzulegen, passiert es. Beim Abstellen der Maschinen ertönt plötzlich ein lauter Schrei, Axel bricht wie vom Blitz getroffen zusammen und nur der Geistesgegenwart von Siggi und der schnellen Reaktion von Hans ist es zu verdanken, dass die schwere Yamaha nicht auf Axel und den anderen Motorrädern landet. Während Hans die große XS gerade noch so auffangen kann, schnappt sich Siggi den Axel und bringt den leichenblassen Kameraden aus der Gefahrenzone. Aber was ist geschehen? Beim Aufbocken der Yamaha auf den Hauptständer durchzuckt ein stehender Schmerz urplötzlich den Unterschenkel von Testfahrer Axel. Dem wird sogleich schwarz vor Augen und er bricht zusammen. Aufopferungsvoll kümmern sich die Kollegen um den Unglücksraben, verabreichen ihm einen Schluck Wasser und bringen ihn in den Schatten. Nach einigen, bangen Minuten lässt der stechende Schmerz etwas nach und Axel kann vorerst durchatmen. Was nun genau geschehen ist, kann natürlich keiner sagen. Die Vermutungen reichen von einer Zerrung über Muskelfaserriss bis hin zur Bänderdehnung. Jedenfalls ist es dem Axel nicht möglich sein Bein zu belasten. Also hieven die drei Kameraden den Invaliden mit vereinten Kräften auf sein zuvor in Fahrtrichtung umgedrehtes Motorrad, legen den ersten Gang ein und machen sich gemeinsam und vorsichtig auf den direkten Rückweg ins Hotel. Bloß gut, dass es nicht den Schaltfuß erwischt hat. 

Drei sorgenvolle und ein schmerzverzerrtes Gesicht blicken mich am Abend an, als die Jungs endlich wieder im Hotel ankommen. Ich hatte natürlich etwas anderes erwartet, aber nun gilt es dem Axel zu helfen, der die Tour auf jeden Fall weiterfahren möchte und auf keinen Fall das Krankenhaus aufsuchen will – denn das käme einem Testabbruch ziemlich nahe. Schnell organisieren wir provisorische Eisbeutel aus der Küche, Schmerzmittel aus Horsts Reiseapotheke und ich kann noch eine Tube Schmerzgel beisteuern. So langsam beginnen die Mittelchen zu wirken und wir entschließen uns die Nacht abzuwarten, um am nächsten Morgen zu entscheiden, wie es nun weitergeht…

Mit immer noch schmerzendem Unterschenkel, der mittlerweile ziemlich angeschwollen ist, taucht Axel am nächsten Morgen beim Frühstück auf. Humpelnd und etwas blass um die Nase verkündet er, dass es schon irgendwie gehen wird. Natürlich sind wir erleichtert, aber immer noch besorgt. Nur gut, dass heute nicht so viel auf dem Programm steht – lediglich Einzelportraits und Fahraufnahmen sind zu erledigen.

…und das bei sehr schwülem, unangenehmem Wetter. Wohl dem, der einen Schattenplatz ergattert. Die Männer wechseln sich ab – immer wenn ich einen von ihnen “im Kasten” habe, fährt besagter Fahrer zum “Schattenplatz” zurück und schickt den nächsten Protagonisten auf die Reise. Axel kann sich also schonen und ich komme derweil in den sonnigen Genuss, die Soundkulisse der Reiteisen über Wald und Flur hinweg in mich aufzunehmen. Dumpf und mächtig brabbelt die große Kawa durchs Geläuf – von mir gibt es in der Soundwertung ganz persönliche 9 von 10 Punkten. Lediglich das sportliche Fauchen der Honda kann dagegen anstinken – volle Punktzahl. Etwas abgeschlagen, aber immer noch sehr hörenswert, gibt sich die kernige Yamaha (8) dicht gefolgt von der GSX, die sich beinahe schon etwas brav anhört (6). Der Honda halte ich allerdings zugute, dass sie mit einer zeitgemäßen 4in1 Auspuffanlage der Firma Scheibel ausgerüstet ist. Denn der sorgt nicht nur für einen immens guten Sound (kein Krach, Sound!) sondern erleichtert das Gesamtgewicht der Bolle um Sage und Schreibe 10kg! 

Gegen Mittag sind wir mit allen Fotos durch und die Männer gönnen sich ein großes Weizen im Biergarten und ich? Ich gönne mir (endlich) die wohlverdienten Proberunden auf den Alteisen. Ich hab ja schließlich nicht umsonst meine Mopedklamotten hunderte von Kilometern spazieren gefahren. Los geht es mit der mächtigen Kawasaki. Zuverlässig springt der große Reihenvierer nach ein, zwei Kurbelwellenumdrehungen an. …wenn denn diese “Fehlkonstruktion” von Startknopf denn endlich den Kontakt herstellt. Genau wie der Soziusplatz entpuppt sich auch der Fahrerplatz als äußerst bequem. Fast schon ein wenig zu weich, aber sehr angenehm, sinkt man glattweg 10 cm tief in die Polster. Ganz im Gegensatz zur furchtbaren Lenkstange … also echt jetzt, wer das Ding “konstruiert” hat, der muss entweder 20 Zentimeter breite Schultern gehabt haben, oder ein Zwerg gewesen sein. Die Kröpfung, also der Winkel der Lenkerenden, ist einfach viel zu eng, der Lenker im allgemeinen viel zu schmal für den Fotografen. Aber Vielleicht ist ja auch der Fotograf zu breit? Egal. Mit einem sanften Klack rastet der Erste ein und los gehts. Trotz meiner kurzen Beine behagt mir der Kniewinkel nicht so recht, allerdings machen das komfortable Fahrwerk und der bärenstarke, elastische Motor einiges wieder wett. Trotz der etwas weichen Grundabstimmung geht die Z ordentlich ums Eck, kein Wackeln oder sonstige Auffälligkeiten sind zu verzeichnen. Jedwede Unebenheit wird souverän ausgebügelt, klasse. Die Bremsen sind auf dem üblichen Niveau der damaligen Zeit, müssen sich aber auch nicht verstecken. Sicher, die Handkraft ist etwas höher als bei den heutigen Einfingerstoppern, aber die Bremswirkung durchaus zufriedenstellend. Sobald der Hahn gespannt wird, geht der große Vierzylinder auch richtig gut zur Sache.

Nach etlichen Kilometern, zurück zum Hotel, wartet Nummer Zwei auf mich, die große GSX. Im direkten Vergleich sitzt man auf der Suzuki einfach perfekt. Lenker, Kniewinkel, Sitzposition – genial. Ich fühle mich sofort wohl. Für die direkte Vergleichbarkeit fahre ich natürlich dieselbe Strecke wie mit der Kawa. Einige Kilometer über Land, durch ein, zwei Dörfer, ein Stück Schnellstraße und wieder zurück. Am Ortsausgang im Nachbarort entdecke ich derweil zwei Männer auf einer Gartenbank, augenscheinlich Motorradfahrer, denn die Maschinen stehen davor und die Jungs grüßen freundlich. Ich grüße schmunzelnd zurück und ziehe mal kräftig am Kabel. Die Suzuki fährt sich wie ein modernes Motorrad. Der Motor gibt sich ein wenig kultivierter als der der Kawa, das Fahrwerk ist sportlicher abgestimmt, ohne dabei einen gewissen Komfort vermissen zu lassen und die Bremsen verhalten sich auffällig unauffällig. Ich ertappe mich dabei, wie ich es mit der Suzuki schon etwas mehr fliegen lasse und die große GSX hat anscheinend nix dagegen. Wir beide verstehen uns. 

Die nächste im Bunde ist die Honda. Auf ihr fühle ich mich sofort “zu Hause” – Vielleicht liegt es auch daran, dass mein erstes großes Motorrad ebenfalls eine CB war. Zwar nur eine kleine 400er (Dank Stufenführerschein) aber immerhin kommt mir so einiges, also alles, sehr bekannt vor. Sportlich, aber nicht unangenehm, nach vorne gebeugt, nehme ich auf der recht harten Sitzbank Platz. Leicht zurückversetzte Fußrasten betonen den Einsatzzweck der Honda. Die 900er springt, wie ihre Kollegen, sofort an und der Motor entpuppt sich als wahrer Quell der Freude. Da das von uns gefahrene Modell bereits alle Verbesserungen der japanischen Ingenieure beinhaltet und sie mit sehr guten Reifen bestückt ist, geht sie auch ausgesprochen zügig, wenn auch mit etwas Nachdruck, ums Eck. Von allen Vieren ist die Honda diejenige, die ich für die flotte Feierabendrunde im Harz wohl am ehesten auswählen würde. Der Motor möchte zwar Drehzahlen haben, die Leistungsentfaltung und Fahrbarkeit sind dennoch grandios. Wenn man will, dann kann die Bolle ordentlich zupacken, besonders bei höheren Drehzahlen. So ab 6.000 U/min geht das Ding richtig ab, dazu gibt es einen geradezu göttlichen Sound aus der verbauten Scheibel 4in1. Lediglich die vorderen Bremsen könnten etwas griffiger sein. In Kombination mit der hervorragenden Fußbremse bringt man die Rakete aber schnell wieder unter Kontrolle. Mittlerweile ist aus dem Duo auf der Gartenbank im Nachbardorf ein Trio geworden, wiederum werde ich gegrüßt, wiederum grüße ich zurück. Ob die wissen, dass immer derselbe Typ auf unterschiedlichen Mopeds da vorbei rauscht? Also weiter im Text: Das moderne Aussehen der Honda lässt nicht vermuten, dass hier ein echtes Alteisen um die Kurven zischt, ganz im Gegenteil zur barocken, britischen Linie der ältesten Lady im Testfeld, der Yamaha XS, strahlt das Euro Design der Honda auch heute noch eine gewisse Modernität aus.
Kaum hab ich auf der großen Yamaha Platz genommen, fällt mir der etwas schmale Lenker auf. Nicht negativ, da Kröpfung und Abstand perfekt passen, aber er ist halt schmaler als die anderen. Das wuchtig erscheinende Krad besitzt auch einen wuchtigen Motor. Der geht einfach nur vorwärts, egal was für eine Fahrstufe eingelegt wird, egal ob bergauf oder bergab, beim Überholen oder Bummeln … völlig unaufgeregt und harmonisch zieht die dicke Yamaha ab. Passend dazu: die entspannte Sitzposition und die bequeme Sitzbank. Auch der Bedienkomfort lässt nicht zu wünschen übrig. Blinkerrückstellung auf Knopfdruck sage ich da nur. Heute Standard, damals nur bei der Yamaha Serie. Das Getriebe schaltet etwas hart, bei der Laufleistung von über 80.000 Kilometern darf es das auch. Ansonsten kommt mir die Yamaha von allen Testbikes am ehesten entgegen, optisch und entsprechend meinem Fahrstil, versteht sich. Überrascht bin ich ebenfalls vom Kardan. Der zeigt zwar die typischen Lastwechsel, allerdings so unauffällig, dass ich, als bekennender Kettenfan, schon anerkennend mit dem Kopf nicke. Das hätte ich nicht vermutet – die Kawa ist da etwas schlechter aufgestellt.
Am Ortsausgang, auf der besagten Gartenbank, sitzen mittlerweile fünf Männer und warten augenscheinlich darauf, dass ich wieder vorbeikomme. Soviel also dazu, ob die mich wiedererkannt haben. Als ich mit der Yamaha ein letztes mal an der “Zuschauertribüne” vorbei donnere, heben dann alle auf ein geheimes Kommando hin ihre Bierflaschen und prosten mir fröhlich winkend zu! Das geht wohl nur in Bayern. Jungs, falls Ihr das hier lesen könnt, Danke! Mit einem kleinen Kloß im Hals schließe ich am Abend meine Testrunden ab, zufrieden grinsend geselle ich mich zu meinen Kollegen im Biergarten und bestelle mir erst einmal einen eiskalten Russ (Der “Russ” ist ein urbayerisches Getränk, das aus 50% Weiß- oder Weizenbier und 50% klarer Zitronenlimonade hergestellt wird). Möglicherweise ist auch die Wirtin nicht ganz unschuldig daran, dass ich hier noch zum Biertrinker werde, denn seit unserer Ankunft versucht sie mir zu erklären, dass Cola (wenn auch “light”) kein vernünftiges Getränk sein kann…. 

Kurzes Zwischenfazit:

Bisher haben sich die Motorräder wirklich gut gemacht und keinerlei Probleme verursacht. Alle laufen richtig gut und auch heute noch kann man mit den “alten Kisten” ganz viel Spaß haben. Die Charaktereigenschaften sind dabei durchaus sehr unterschiedlich. Während sich die Yamaha als toller Allrounder herausstellt, sticht die Honda durch Modernität, Sportlichkeit und Sound hervor. Die Suzuki gefällt vor allem durch ihre Unauffälligkeit. Klasse Motor, gutes Fahrwerk und ebenfalls gute Ergonomie sind ihre Stärken. Die Kawasaki fällt bei meiner Bewertung etwas ab, was aber lediglich an dem “fürchterlichen” Lenker und der etwas zu weichen Sitzbank liegt. Der Motor ist allerdings ein richtiger Hammer. Technische Probleme sind überhaupt keine zu verzeichnen. Lediglich bei der Suzuki hat sich eine kleine 4er Mutter verabschiedet, die ein Auspuffprallblech halten soll, geschenkt, es gibt ja schließlich noch zwei andere, die das Teil festhalten. Bis nach Hause wird es auch so gehen, ähm …fahren.
apropos “nach Hause” – so langsam wird es Zeit für die Rücktour. Der Abschied vom schönen Bayerwald, unseren rustikalen und herzlichen Gastgebern und den wunderbaren Motorradstrecken fällt uns wirklich nicht leicht, aber wie heißt es so treffend im Volksmund: Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören! Aber so ganz am Ende unserer Urlaubs-Test-Tour sind wir noch nicht angekommen. Der Rückweg hält noch die eine oder andere Überraschung parat, die ich Euch natürlich nicht vorenthalten möchte.

Selbstverständlich “darf” ich mit dem Begleitfahrzeug wiederum als Gepäcksammelstation herhalten. Kommt es Euch auch immer so vor, als ob ihr mit der (gefühlt) doppelten Gepäckmenge den Rückweg antretet? Während ich also auf dem schnellsten Weg zum nächsten Etappenziel cruise, schwingen die vier alten Hasen auf ihren alten Eisen genüsslich durch die Lande. Die Überraschung, von der ich vorhin schrieb, entpuppt sich dann auch als echtes AHA-Erlebnis. Chef Horst hatte mir eine Adresse in die Hand gedrückt und gesagt: “Hagen, fahr da hin, mach ein paar Bilder und lerne mal einen coolen Typen kennen. Der sammelt Motorräder und freut sich schon auf unseren Besuch.”  

Während ich an besagter Adresse meine Dose im Schatten parke, öffnet sich ein Fenster und ein “langhaariger Bombenleger” schaut mit einem fetten Grinsen aus der Öffnung. “He Du, bist Du die Vorhut von Horst und seiner Truppe?” Ich nicke und stelle mich artig vor. “Komm rein, ich habe frischen Kaffee und lecker Kuchen!” Also sitzen wir kurze Zeit später in der Küche und sabbeln über Motorräder und Motorräder und … Motorräder. Gute Güte, der Kerl ist sowas wie ein Lexikon für Klassiker und Exoten. Der Unterkiefer klappt mir kurze Zeit später von ganz alleine herunter, fehlt nur noch, dass ich mit Sabbern anfange, denn das was ich im Anschluß an den guten Kaffee und den leckeren Kuchen zu sehen bekomme, toppt quasi alles. Ich werde in die heiligen Hallen des alten Bauernhofs geführt und meine Augen werden groß und rund! Leute! Der Hammer! Was da leise vor sich hin glänzt sind nicht nur Werte, das ist Geschichte! Da stehen einige sehr seltene MV Agustas einträchtig neben Sahne-Bimotas, einer waschechten Brough Superior SS100, einigen leckeren Ducatis und Aprilias und der legendären und raren Honda NR 750 … ich komme aus dem Staunen nicht heraus und lausche andächtig den Geschichten zu jeder einzelnen Maschine. Besondere Aufmerksamkeit gilt der “Vorserien”-Katana”, die kaum jemand kennen dürfte, oder einer wunderschönen Magni MV. Zur NR gibt’s ebenfalls ein zwei Infos, allerdings hält sich der Besitzer komischerweise bedeckt, als es um die Frage des Kaufpreises geht…. Was auch einer der Gründe ist, warum ich nicht unbedingt den Standort und Namen in die Welt hinaus Posaunen sollte. Somit lasse ich ein paar Fotos sprechen und bin ein klein wenig stolz darauf, dass ich diese exklusive Sammlung bestaunen darf.

Als der Rest unserer Reisegruppe einige Stunden später auf den Hof rollt, stehe ich immer noch unter den Eindrücken der kleinen Führung. Auch die Mitstreiter kommen (wen wunderts) nicht aus dem Staunen heraus und löchern unseren Gastgeber mit den unmöglichsten Fragen. Gebührend bestaunt werden allerdings auch unsere klassischen Schätzchen, die sich bisher ohne Fehl und Tadel verhalten haben und auch hier eine sehr gute Figur abgeben. Als sich der Bäcker, der für den frischen Kuchen verantwortlich ist, auf seine super seltene ‘66er 650er Laverda schwingt und mit ohrenbetäubenden Donnergetöse das Weite sucht, ist es auch für uns an der Zeit unser letztes Nachtlager aufzuschlagen. “Reiseveranstalter” Horst überrascht uns mit einer recht ungewöhnlichen Bleibe, denn wir schlafen die letzten beiden Nächte unserer Tour in einem Kloster. Ja, richtig gelesen! Hoch über Fulda befindet sich das Franziskanerkloster Frauenberg, welches mit einer sagenhaften Kulisse und einer himmlischen Ruhe aufwartet. Dort oben werden wir sehr nett empfangen und fühlen uns auch gleich richtig wohl. Das alte Gemäuer mit meterdicken Mauern bietet angenehme Kühle, zweckmäßige Zimmer und eine wundervolle Terrasse mit Blick über die Stadt. Das die Versorgung auch noch jeden zufriedenstellt, muss definitiv noch erwähnt werden, da hier Menschen mit und ohne Behinderung und Migrationshintergrund eine ganz hervorragende Arbeit abliefern. Ganz fetten Respekt an die gesamte Truppe, die sich freundlich und zuvorkommend um jeden einzelnen Gast kümmert. Speisen und Getränke kommen dabei – zumindest teilweise – aus eigenem Anbau des Klostergartens. 

Der nächste Tag zeigt sich, mal wieder, von seiner wechselhaften Seite. Beginnt der Morgen noch im Sonnenschein, so zieht es sich im Laufe des Tages immer mehr zu, um am Nachmittag mit einigen Regenschauer zu glänzen. Der letzte Abstecher führt uns zu einem weiteren, etwas skurrilen Termin. Wir besuchen jemanden, der Zweitakt-Rennmaschinen sammelt. Aber nicht irgendwelche, nein. Nur solche, die von berühmten Rennfahrern bewegt und/oder berühmte Rennen gewonnen haben. Leute. Ihr glaubt es kaum…. In einer unscheinbaren Scheune, irgendwo in einem kleinen Dorf, erwartet uns der nächste Augenöffner! Raritäten aller Klassen im Originalzustand erfreuen unsere Augen, die passenden Geschichten dazu lassen uns in Ehrfurcht erstarren. Wenn ich Originalzustand schreibe, dann meine ich das auch. Genauso, wie die Bikes bei ihren letzten Einsätzen davon gekommen sind, mit all dem Dreck, Kratzern, Insekten und Rennstreckenschmodder, stehen die Motorräder in Reih und Glied und warten auf ihre nächste Ausstellung. Die begonnene Fachsimpelei führen wir Abends (die Sonne kommt tatsächlich wieder raus) auf besagter Terrasse am Frauenberg weiter und als die Lichter der Stadt angehen und die Nacht herein bricht, sitzen wir immer noch begeistert zusammen und schwätzen über – Na was wohl? Richtig: Motorräder. 

Der letzte Check am Morgen des darauffolgenden Tages verläuft, wie bisher, recht zufriedenstellend. Lediglich ein paar Schlucke Öl benötigen die alten Eisen. Wenn man bedenkt, dass wir bisher insgesamt knapp 10.000 Kilometer abgespult haben, sind drei Liter Öl, verteilt auf die vier Motorräder, ein wirklich guter Wert. Da die letzte Etappe die kürzeste der gesamten Tour ist, lassen wir uns heute auch entsprechend Zeit. Trotzdem sind wir schon am frühen Nachmittag bei unserem ursprünglichen Startpunkt angekommen. Das Klärchen lacht vom Himmel, die vier Testfahrer lachen um die Wette und wir genießen gemeinsam den letzten Kaffee auf Siggis Terrasse, bevor sich unsere Wege trennen. Etwas wehmütig machen sich Horst und Hans auf die letzten läppischen zweihundert Kilometer bis zu ihrem Wohnort, ich verteile die Gepäckstücke aus dem Lumpensammler und setzte mich hinters Lenkrad. Auch ich habe noch einige Kilometer vor mir, im Rückspiegel verschwinden der humpelnde Axel und der gastfreundliche Siggi.

btw. Dass die beiden – also Horst und Hans – auf ihrem Rückweg auch noch ein wenig Spaß hatten, versteht sich von selbst. Einen direkten Vergleich zwischen Yamaha und Kawasaki. Den Ampelsprint als auch die Durchzugswertung gewinnt die bärenstarke Kawasaki deutlich und nimmt der Yamaha einige Meter ab. Besonders beim Durchzug im letzten Gang, von 70 bis 140 (au verdammt, Gas weg), sticht die Z die XS. Ein wenig Schade, aber nicht immer muss der persönliche Favorit unbedingt einen Test gewinnen….

Fazit:

Nach meinen langjährigen Erfahrungen auf zumeist neumodischen Krädern hat mir der Ausflug in die (Motorrad)Vergangenheit unglaublich viel Freude bereitet. Zur Eingangs gestellten Frage: “Kann man mit teils über 40 Jahre alten Motorrädern eine richtige große Urlaubsrunde drehen?” antworte ich im vollen Brustton der Überzeugung: ”Selbstverständlich!” …und möglicherweise macht das sogar noch eine kleine Ecke mehr Spaß, als mit einer voll aufgerödelten, technifizierten und computergesteuerten Reiseenduro mit Popoheizung und Einbauküche. Motorrad pur, mit zumeist simpler, einfacher Technik, ohne Schnickschnack, dafür allerdings mit richtigen Emotionen – einfach unbezahlbar. Die Reaktionen vom begeisterten Publikum am Wegesrand oder Motorradtreffen sprechen Bände, wenn man mit einer oder in unserem Fall gleich vier Legenden die Blicke auf sich zieht. 

Fasziniert haben mich alle. Die Yamaha, weil sie einen ganz eigenen Stil hat und noch dazu prächtig funktioniert. Die Kawasaki, weil sie mit ihrem recht amerikanischen Aussehen und bärenstarken Motor punktet. Die Suzuki als bildschöner und gut funktionierender Sporttourer und natürlich die legendäre Honda, die das Sportmotorrad der damaligen Zeit war. 

Einen Beschluss habe ich unumstößlich gefasst, und zwar den, dass beim nächsten Roadtrip ein anderer die Arschkarte erhält. Selbst Motorradfahren macht nämlich viel mehr Spaß! Aber wem sag ich das…?! 

Zum Schluss noch ein paar Worte zu unserem schönen Hotel im Bayerischen Wald, dem Landhotel Neuhof:
Freundlich, herzlich, familiär – typisch bayrische Gastlichkeit. Deftige Mahlzeiten und schöne Zimmer. Motorradfahrer fühlen sich Dank Carport, Helmstation und Biergarten richtig wohl. Weitab vom Schuss und schön ruhig gelegen – alles prima! Lediglich beim Frühstück könnte man ein klein wenig verbessern z. B. Rührei oder Speck….
So lautet meine Rezession bei Google.
Ein paar passende Bilder gibt es natürlich auch:


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